Schönheitsreparaturen in Mietwohnung

Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Thema „Schönheitsreparaturen in einer Mietwohnung „

Das Thema „Schönheitsreparaturen in Mietwohnung“ ist seit vielen Jahren ein Dauerbrenner.   Nun hat sich wieder einmal der Bundesgerichtshof mit diesem Dauerthema befasst. Mit seinem Urteil vom 18.3.2015 (Az.: VIII ZR 185/14) hat der Bundesgerichtshof neue Wege beschritten und seine Rechtsprechung zur formularvertraglichen Abwälzung von Schönheitsreparaturen bei unrenovierten Wohnungen geändert.

Zum Ausgangsfall: Die Mieter hatten zum 1. Oktober 2002 eine Vierzimmer-Wohnung gemietet. Im Jahr 2011 kündigten sie und zogen zum 29. Dezember 2011 aus.

Unterschrieben hatten sie einen vom Vermieter gestellten Formularmietvertrag, der die Mieter verpflichtete, die während des Mietverhältnisses anfallenden Schönheitsreparaturen auf eigene Kosten durchzuführen. Dabei sollten die Schönheitsreparaturen fachgerecht und wie folgt ausgeführt werden: Tapezieren, Anstreichen der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden, der Heizkörper einschließlich der Heizrohre, der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von innen.

Für die Durchführung dieser Schönheitsreparaturen wurden Fristen genannt, die nicht starr vorgegeben waren, sondern flexibel auf die Erforderlichkeit abstellten. „im Allgemeinen werden Schönheitsreparaturen in folgenden Zeitabständen erforderlich: in Küchen, Bädern und Duschen alle 3 Jahre, in Wohn- und Schlafräumen, Fluren und Toiletten alle 5 Jahre, in anderen Nebenräumen alle 7 Jahre.“

Der Mietvertrag war handschriftlich ergänzt mit dem Zusatz: „Der Mietvertrag wird per 1.10.2002 geschlossen. Mietzahlung ab 15. Oktober 2002, da Mieter noch Streicharbeiten in drei Zimmern vornimmt. “

Der Vermieter machte nach Auszug Kosten geltend für nicht bzw. nicht fachgerecht vorgenommene Schönheitsreparaturen.

Sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht verurteilten den Mieter zur Zahlung.

Der Bundesgerichtshof hat das Urteil des Landgerichts aufgehoben und den Zahlungsanspruch insgesamt abgewiesen. Der Vermieter wurde zudem verurteilt, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

In seiner Begründung setzt sich der Bundesgerichtshof auch mit der Entwicklung der Rechtsprechung im Bereich der Schönheitsreparaturen auseinander. Im Folgenden wird (nur) die Begründung für die Klageabweisung dargestellt und kommentiert.

Zur rechtlichen Einordnung des Vertragstextes: Klauseln in Formular-(Miet-)Verträgen, die bereits vorgefertigt die einzelnen Vertragsbestandteile enthaltenen und für eine Vielzahl von Verträgen bestimmt sind, gelten rechtlich als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB). Sie unterliegen daher der Inhaltskontrolle des § 307 BGB.

  • 307 BGB sieht vor, dass AGB unwirksam sind, wenn sie den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Die Unwirksamkeit führt dazu, dass die jeweilige Allgemeine Geschäftsbedingung „wegfällt“. Ihr Inhalt wird durch das Gesetz ersetzt. Der restliche Vertrag bleibt bestehen. (§ 306 Abs. 1, Abs. 2 BGB)

Es stellt sich nun die Frage, ob die Renovierungsklausel eine unangemessene Benachteiligung entgegen den Geboten von Treu und Glauben ist.

Zuerst hat der Bundesgerichtshof Ausführungen gemacht zur Frage, wann eine Wohnung unrenoviert oder renovierungsbedürftig ist. Nicht erforderlich ist, dass die Wohnung übermäßig stark abgenutzt oder völlig abgewohnt ist. Entscheidend ist, ob die Wohnung zum Zeitpunkt der Übernahme Gebrauchsspuren hat, die aus einem vorvertraglichen Zeitraum stammen. Wichtig ist, dass dabei Gebrauchsspuren außer Acht bleiben, die so unerheblich sind, dass sie bei lebensnaher Betrachtung nicht ins Gewicht fallen. Entscheidend ist also, ob die überlassenen Mieträume den Gesamteindruck einer renovierten Wohnung vermitteln.

Gibt es im Nachgang Streit zur Frage, ob die Wohnung als renoviert oder unrenoviert zu betrachten ist, ist es Sache des entscheidenden Richters, dies unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände im Einzelfall festzustellen. Damit beurteilt der Richter einen Zustand, den er zum maßgeblichen Zeitpunkt selbst nicht erlebt hat. Es ist Sache des Mieters, ihm die notwendigen Anhaltspunkte dafür zu liefern, dass die Wohnung zum Zeitpunkt der Übernahme unrenoviert war. Sobald der Mieter dies dargelegt hat, obliegt es dem Vermieter, die Renovierung zu beweisen.

Welche Möglichkeiten gibt es dafür? Ein gutes Mittel ist ein Übergabeprotokoll, das vom Mieter und Vermieter gefertigt wird zum Zeitpunkt der Übergabe. Zudem haben beide die Möglichkeit, die Wohnung zu Mietbeginn zu fotografieren. Auch Belege oder Rechnungen, die die Renovierungskosten aufzeigen, haben Beweiswert. Möglich ist auch, Umzugshelfer aus dem Verwandten-und Bekanntenkreis oder beauftragte Handwerker als Zeugen zu benennen. Die richterliche Praxis zeigt allerdings, dass der Zeugenbeweis in der Regel der schlechteste, weil unzuverlässigste Beweis ist. Was Zeugen Jahre später aussagen, hat nicht immer etwas mit der Realität zu tun, falls sie sich überhaupt erinnern.

Im vorliegenden Fall war es einfach festzustellen, dass die Wohnung renovierungsbedürftig war, da der Zusatz im Mietvertrag belegte, dass in drei Räumen einer Vierzimmerwohnung noch Malerarbeiten durchzuführen waren.

Normalerweise ist der Vermieter verpflichtet, die Mietsache im vertragsgemäßen Zustand zu halten (§ 535 Abs. 1 S. 2 BGB), was bedeutet, dass er auch regelmäßig zu renovieren hat. Durch die formularmäßige Klausel im Mietvertrag wälzte der Vermieter diese Renovierungspflicht -wie in ganz Deutschland üblich- auf den Mieter ab.

Das kann am Ende dazu führen, dass der Mieter die Wohnung in einem besseren Zustand zurückgeben muss, als er diese vom Vermieter erhalten hat. Selbst eine flexible Renovierungsregelung, wie im vorliegenden Fall, kann dieses Problem nicht beseitigen. Denn es ist möglich, dass die Wohnung bereits bei Einzug so abgewohnt ist, dass Schönheitsreparaturen erforderlich sind. Damit beseitigt der Mieter Abnutzungen des Vormieters. Am Ende renoviert er aufgrund des Fristenplans noch einmal. Damit erhält der Vermieter, der eine unrenovierte Wohnung übergeben hat, eine renovierte zurück. Diese Besserstellung ist nur dann ausgeschlossen, wenn die Wohnung bei Einzug renoviert war, was im vorliegenden Fall jedoch nicht so war.

Der Bundesgerichtshof sieht eine solche Renovierungsklausel als unzulässig und damit als unwirksam an, wenn sie ohne angemessenen Ausgleich für den Mieter erfolgt. Ein angemessener Ausgleich kann durchaus darin bestehen, dass der Mieter für eine bestimmte Zeit weniger oder gar keine Miete zu entrichten hat. Die Beweislast für den angemessenen Ausgleich trägt der Vermieter. Im vorliegenden Fall war dem Mieter die Wohnung für zwei Wochen, das entspricht einer halben Monatsmiete, kostenfrei überlassen worden. Dies stellt nach Ansicht des BGH keine taugliche Kompensation dar, da drei von vier Zimmern betroffen waren.

Im Ergebnis führt die Unwirksamkeit der Renovierungsklausel dazu, dass die gesamte Regelung zu den Schönheitsreparaturen im Mietvertrag unwirksam wurde. Damit gelten die Regelungen des BGB und der Vermieter hat die Schönheitsreparaturen zu tragen.

Dass der BGH zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Jahr 2002 noch eine andere Rechtsauffassung hatte, spielt keine Rolle. Der Verwender von AGB trägt das Risiko, dass Klauseln in späteren höchstrichterlichen Entscheidungen wegen unwirksamer unangemessener Benachteiligung des Vertragspartners als unwirksam beurteilt werden.

Zusammengefasst bedeutet dies:

Bei unrenoviert überlassenen Wohnungen ist die Übertragung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter nur auf zwei Wegen möglich:

  1. Bei einem vorgefertigten Vertrag, der formularmäßig verwendet wird, ist die Abwälzung von Schönheitsreparaturen an den Mieter nur im Rahmen eines flexiblen Renovierungsplanes mit angemessenem Ausgleich möglich.
  2. Bei einem individuell erstellten Vertrag, der gemeinsam ausgehandelt wird, ist die Abwälzung von Schönheitsreparaturen auch ohne Ausgleich möglich. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass vertraglich keine vollkommene Schieflage entsteht, da auch einzelvertragliche Regelungen dem Grundsatz von Treu und Glauben entsprechen müssen.

Und was haben wir bei unserem nächsten Umzug zu beachten? Ziehen wir in einer unrenovierte Wohnung mit Renovierungsverpflichtung, halten wir dies im Übergabeprotokoll mit dem Vermieter fest und dokumentieren den Zustand der Wohnung fotografisch. Wer weiß, wofür man beides später braucht?!