Ein Herzenswunsch wird wahr .

Als Richterin gab es für mich Momente, in denen ich mich vor meiner Arbeit gefürchtet habe. Direkt nach meinem Referendariat bekam ich eine Richterstelle in Löbau. Als Ermittlungsrichterin gehörte es zu meinen Aufgaben, sexuell missbrauchte Kinder zu vernehmen. Ich wußte, wie wichtig eine möglichst genaue Vernehmung ist. Gleichzeitig war mir klar, dass das Kind, das mir in der Vernehmung gegenüber sitzen wird, durch den sexuellen Missbrauch hoch traumatisiert ist. Und eines wollte ich auf gar keinen Fall: die Traumatisierung verstärken. Denn mein Wunsch ist es, Kinder zu schützen und nicht, sie weiter zu belasten. 

Wie oft habe ich nach den Vernehmungen gedacht, dass diese Tat im Vorfeld hätte verhindert werden können. Wenn es doch nur etwas gäbe, unsere Kinder vor so etwas besser zu schützen. Damit sie nicht ihr Leben lang an den Folgen solcher Taten leiden. Damit sie als glückliche Kinder geboren werden und zu starken Menschen heranwachsen. 

Als „Eltern“ vorbeugen

Meine beiden Jungs habe ich früh über Gefahren aufgeklärt und Gefahrensituationen besprochen. Das fing mit kleinen Sachen an: Was tun, wenn Du Dich verläufst? Wen sprichst Du an? Mein Großer sprach sehr schlecht. Sein Name war kaum zu verstehen. Also habe ich ihm beigebracht zu sagen, dass sein Papa Staatsanwalt ist und seine Mama Richterin. In der Kombination wusste dann jeder Polizist im Umkreis, wohin mein Sohn gehört. Schritt für Schritt haben wir dann altersgerecht über andere Gefahrensituationen gesprochen. Dabei habe ich manchmal daran gedacht, dass die Situation, die ich aufgrund meiner Tätigkeit vermitteln kann, Menschen, die nicht in der Strafjustiz tätig sind, meist gar nicht bekannt sind. Täterstrategien gehören selten zum Allgemeingut.

Die verstärkende Wirkung Dritter

Mir wurde dabei auch klar, dass Kinder sehr schnell begreifen, dass ihre Eltern bei der Erziehung Intensionen haben. Die Intension „Angst um mich“ können sie von weitem gegen den Wind riechen. Ältere Kinder bringen das dann direkt auf den Punkt, wenn sie sagen: „Ach, die haben doch nur Angst um mich“ und mit dieser Begründung Warnungen ihrer Eltern ausschlagen. Deshalb ist es so wichtig, dass Aufklärung über Gefahren (zusätzlich) von unbeteiligten Erwachsenen erfolgt. Dann wird aus der subjektiven Gefahr eine objektive, die ganz anders ernst genommen wird.